Energieausweis berechnen für Wohngebäude

Der Energieausweis ist ein wichtiges Dokument, das Immobilienbesitzern und Mietern Auskunft über die Energieeffizienz eines Wohngebäudes gibt. Bei der Berechnung spielen verschiedene Faktoren wie Wohnfläche, Baujahr und die vorhandene Heizungsanlage eine entscheidende Rolle.
Seit Inkrafttreten des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) als Nachfolger der Energieeinsparverordnung (EnEV) sind die Anforderungen an die energetische Bewertung von Immobilien noch präziser definiert. Die Kenntnis über den Endenergieverbrauch und die Einstufung in eine Energieeffizienzklasse hilft nicht nur bei der Einschätzung künftiger Heizkosten, sondern ist auch bei Verkauf oder Vermietung gesetzlich vorgeschrieben.
Das Wichtigste auf einen Blick
- Es gibt zwei Arten von Energieausweisen: den Verbrauchsausweis (basierend auf tatsächlichem Energieverbrauch der letzten drei Jahre) und den Bedarfsausweis (theoretische Berechnung anhand von Gebäudeeigenschaften wie Dämmung, Heizung und Baujahr).
- Der Energieausweis enthält wesentliche Kennwerte wie Energiebedarf/-verbrauch, CO2-Emissionen und eine Energieeffizienzklasse (A++ bis G), die eine schnelle Einordnung der Gebäudeeffizienz ermöglicht.
- Ein Energieausweis ist gesetzlich vorgeschrieben bei Verkauf, Vermietung, Verpachtung oder Neubau von Gebäuden gemäß Gebäudeenergiegesetz (GEG) und gilt für 10 Jahre.
- Das Baujahr spielt eine entscheidende Rolle bei der Berechnung und Bewertung – Gebäude mit weniger als 5 Wohnungen und Bauantrag vor November 1977 benötigen einen Bedarfsausweis.
- Der Energieausweis enthält Modernisierungsempfehlungen für energetische Sanierungsmaßnahmen wie Dämmung und Heizungsoptimierung, um Heizkosten zu senken und die Energieeffizienz zu verbessern.
Energieausweis für Gebäude: Grundlagen
Der Energieausweis ist für Immobilienbesitzer und potenzielle Käufer heute unverzichtbar geworden. Er zeigt den energetischen Zustand eines Gebäudes und macht ihn vergleichbar – fast wie ein Effizienzlabel beim Kühlschrank, nur für Ihr Zuhause.
Wenn Sie eine Immobilie kaufen, verkaufen oder vermieten wollen, brauchen Sie ihn. Der Ausweis gibt Auskunft darüber, wie viel Energie Ihr Wohngebäude verbraucht und wo Einsparpotenziale liegen. Die Angaben erfolgen in Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr (kWh/(m²·a)).
Ich sehe in meiner Beratungspraxis immer wieder, dass viele Hausbesitzer überrascht sind, wenn sie erstmals die tatsächlichen Zahlen schwarz auf weiß vor sich haben. Letzte Woche kam ein Kunde zu mir, dessen Energieverbrauch für Warmwasser doppelt so hoch lag wie der Durchschnitt – obwohl er sein Haus für sehr effizient hielt!
Aber was ist ein guter Wert? Ein modernes, energieeffizientes Gebäude liegt häufig unter 50 kWh/(m²·a), während alte, unsanierte Häuser durchaus über 200 kWh/(m²·a) liegen können. Der Energieausweis beinhaltet außerdem Empfehlungen zu Modernisierungsmaßnahmen, die helfen können, die Heizkosten zu senken.
Arten von Energieausweisen: Verbrauchs- oder Bedarfsausweis
Bei Energieausweisen unterscheiden wir grundsätzlich zwischen zwei Typen: dem Verbrauchsausweis und dem Bedarfsausweis.
Der Verbrauchsausweis basiert auf dem tatsächlichen Energieverbrauch der letzten drei Jahre. Er spiegelt also das reale Heizverhalten der Bewohner und den Energieverbrauch für Warmwasser wider. Dieser Ausweis ist in der Regel günstiger, aber weniger aussagekräftig, wenn es um den energetischen Zustand des Gebäudes geht. Der Verbrauchsausweis gibt keinen objektiven Aufschluss über die Bausubstanz und der Heizungsanlage, sondern zeigt nur, wie die aktuellen Bewohner mit der Energie umgehen.
Im Gegensatz dazu zeigt der Bedarfsausweis den theoretischen Energiebedarf, der für die Beheizung, Warmwasserbereitung und Lüftung benötigt wird. Er erfolgt die Berechnung auf Grundlage der baulichen Gegebenheiten und der technischen Anlagen. Der Bedarfs-Ausweis ist deutlich aufwändiger zu erstellen, bietet aber ein realistischeres Bild vom energetischen Zustand des Hauses.
Hat ein Gebäude fünf oder mehr Wohneinheiten und wurde nach der Wärmeschutzverordnung von 1977 gebaut, reicht in der Regel ein Verbrauchsausweis aus. Für Gebäude mit weniger als fünf Wohneinheiten, die vor 1977 gebaut wurden, ist ebenfalls ein Bedarfsausweis Pflicht – es sei denn, sie wurden energetisch saniert.
Welche Art von Energieausweis sollten Sie wählen?
Die Antwort hängt von Ihren Zielen ab:
- Wollen Sie Ihr Haus verkaufen und es ist in gutem Zustand? Ein Bedarfsausweis könnte vorteilhafter sein.
- Möchten Sie nur der gesetzlichen Pflicht nachkommen und Ihr Haus hat einen durchschnittlichen Verbrauch? Dann könnte ein Verbrauchsausweis ausreichen.
Energieausweis berechnen: So gehen wir vor
Die Berechnung eines Energieausweises ist kein Hexenwerk, aber sie erfordert Fachkenntnis und die richtigen Daten. Als Energieberater habe ich schon hunderte Ausweise erstellt – manchmal ist es wie Detektivarbeit, besonders bei älteren Gebäuden!
Zuerst müssen wir entscheiden, ob wir einen Verbrauchs- oder Bedarfsausweis erstellen. Beim Verbrauchsausweis benötigen wir die Verbrauchsdaten der letzten 3 Jahre, beim Bedarfsausweis die technischen Gebäudedaten. Danach kommen spezielle Berechnungsmethoden nach dem Gebäudeenergiegesetz (GEG) zum Einsatz.
Der Prozess umfasst die Erfassung der Gebäudedaten, die Analyse der Heizungsanlage und die Bewertung der Dämmung. Am Ende steht ein Dokument, das Auskunft über den Endenergiebedarf oder Endenergieverbrauch gibt und eine Einordnung in die Energieeffizienzklassen ermöglicht.
Datenaufnahme des Gebäudes
Bei der Datenaufnahme erfassen wir alle relevanten Informationen zum Gebäude. Dazu gehören:
- Die Wohnfläche und Gebäudenutzfläche
- Die Art und der Zustand der Fenster
- Die Wandaufbauten und Dämmstärken
- Das Heizsystem inkl. Baujahr und Energieträger
- Die Warmwasserbereitung
- Vorhandene Lüftungssysteme
Die Gebäudenutzfläche wird bei Wohngebäuden oft pauschal auf Grundlage der Wohnfläche mit dem Faktor 1,35 für Einfamilienhäuser oder 1,2 für Wohnungen in Mehrfamilienhäusern berechnet. Die exakte Ermittlung ist komplex, da auch Treppenhaus und Kellerräume nach festgelegten Regeln berücksichtigt werden müssen.
Bei einem Objekt, das ich letzte Woche begutachtet habe, stellte sich heraus, dass der Eigentümer die Wohnfläche um fast 15% überschätzt hatte! Das hätte den Energieverbrauch pro Quadratmeter deutlich verfälscht.
Die Rolle des Baujahrs und Neubaus
Das Baujahr ist entscheidend für die energetische Bewertung eines Gebäudes. Es gibt Auskunft über die wahrscheinlich verwendeten Baumaterialien und den damals gültigen energetischen Standard.
Bei Häusern, die vor 1977 gebaut wurden, fehlt häufig eine ausreichende Wärmedämmung, da erst mit der Wärmeschutzverordnung von 1977 verbindliche Anforderungen an den Wärmeschutz gestellt wurden. Diese Gebäude haben oft einen deutlich höheren Energiebedarf als neuere Bauten.
Ein Neubau muss heute hohe energetische Standards erfüllen. Seit 2020 müssen alle neuen Wohngebäude den Anforderungen des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) entsprechen, das die frühere Energieeinsparverordnung (EnEV) abgelöst hat.
Bei Neubauten ist immer ein Bedarfsausweis erforderlich, da noch keine Verbrauchsdaten vorliegen. Die Berechnung erfolgt hier bereits in der Planungsphase und dient der Überprüfung, ob die gesetzlichen Anforderungen erfüllt werden.
Wärmeschutzverordnung und energetische Standards
Die Wärmeschutzverordnung von 1977 war ein Meilenstein für energieeffizientes Bauen in Deutschland. Sie legte erstmals verbindliche Mindestanforderungen an den Wärmeschutz von Gebäuden fest.
Seither wurden die Anforderungen mehrfach verschärft – über die Wärmeschutzverordnungen von 1984 und 1995 bis hin zur Energieeinsparverordnung (EnEV), die mehrmals novelliert wurde. Seit 2020 gilt das Gebäudeenergiegesetz (GEG), welches die EnEV, das Energieeinspargesetz (EnEG) und das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) zusammenführt.
Die energetischen Standards haben sich dabei kontinuierlich verbessert. Während ein Gebäude aus den 1960er Jahren oft einen Energiebedarf von über 250 kWh/(m²·a) hat, liegen moderne KfW-Effizienzhäuser bei unter 55 kWh/(m²·a) – eine Verbesserung um mehr als 75%!
Diese Entwicklung spiegelt sich auch in den Energieausweisen wider. Ein Haus aus dem Jahr 1965 wird fast immer in einer schlechteren Energieeffizienzklasse landen als ein vergleichbares Haus aus dem Jahr 2005 – es sei denn, es wurde umfassend energetisch saniert.
Berücksichtigung von Heizung und Heizkosten
Die Heizungsanlage spielt eine zentrale Rolle bei der Berechnung des Energieausweises. Hierbei werden Faktoren wie Heizungsart, Alter der Anlage und der genutzte Energieträger berücksichtigt.
Moderne Brennwertkessel haben einen deutlich höheren Wirkungsgrad als alte Heizkessel aus den 80er Jahren. Wärmepumpen werden mit speziellen Faktoren bewertet, die ihre Effizienz widerspiegeln. Auch erneuerbare Energien wie Solarthermie oder Biomasse fließen positiv in die Bewertung ein.
Die Berechnung der Heizkosten basiert auf dem ermittelten Energiebedarf oder -verbrauch in Kilowattstunden pro Quadratmeter. Multipliziert mit der Wohnfläche ergibt sich der Jahresenergiebedarf, der dann mit dem aktuellen Energiepreis in Euro umgerechnet werden kann.
Beispiel: Heizkostenberechnung für ein Einfamilienhaus
Energiebedarf | Wohnfläche | Energiepreis | Jährliche Heizkosten |
---|---|---|---|
120 kWh/(m²·a) | 150 m² | 0,08 €/kWh (Gas) | 1.440 € |
120 kWh/(m²·a) | 150 m² | 0,30 €/kWh (Strom) | 5.400 € |
Man sieht: Bei gleichem Energiebedarf können die Heizkosten je nach Energieträger drastisch unterschiedlich ausfallen!
Berechnung nach GEG und EnEV
Die Berechnung des Energiebedarfs erfolgt nach den Vorgaben des Gebäudeenergiegesetzes (GEG), das 2020 die Energieeinsparverordnung (EnEV) abgelöst hat. Die grundlegenden Berechnungsmethoden sind jedoch ähnlich geblieben.
Für die Berechnung werden normierte Klimadaten und standardisierte Nutzungsbedingungen angesetzt, um die Vergleichbarkeit verschiedener Gebäude zu gewährleisten. Das bedeutet, dass für die Berechnung nicht das tatsächliche Wetter am Standort oder das individuelle Nutzerverhalten herangezogen wird, sondern Referenzwerte.
Die eigentliche Berechnung ist komplex und basiert auf der DIN V 18599, die verschiedene Bereiche der Gebäudetechnik umfasst:
- Heizung und Warmwasserbereitung
- Lüftung und Kühlung
- Beleuchtung (bei Nichtwohngebäuden)
- Nutzung erneuerbarer Energien
Für Wohngebäude kann alternativ auch das vereinfachte Verfahren nach DIN V 4108-6 in Kombination mit DIN V 4701-10 angewendet werden.
Ein professioneller Energieberater verwendet spezielle Software, die diese Berechnungen nach den normierten Verfahren durchführt. Als Ergebnis erhält man den End- und Primärenergiebedarf sowie die CO2-Emissionen des Gebäudes.
Die Inhalte des Energieausweises
Ein Energieausweis umfasst mehrere Seiten mit wichtigen Informationen zum energetischen Zustand des Gebäudes. Anhand des Energieausweises können Sie abglesen, wie energieeffizient ein Gebäude ist.
Auf der ersten Seite findet sich die graphische Darstellung der Energieeffizienzklasse von A+ (sehr effizient) bis H (sehr ineffizient) sowie der Energieverbrauchskennwert aus dem Energieausweis in Kilowattstunden pro Quadratmeter.
Die weiteren Seiten enthalten:
- Allgemeine Gebäudedaten (Baujahr, Adresse, Nutzfläche)
- Details zur Anlagentechnik (Heizung, Lüftung)
- Erneuerbare Energien (falls vorhanden)
- CO2-Emissionen
- Empfehlungen zu Modernisierungsmaßnahmen
- Erläuterungen zur Berechnung
Besonders wertvoll sind die Modernisierungsempfehlungen, die konkrete Hinweise geben, wie der energetische Zustand des Gebäudes verbessert werden kann. Diese können von der Dämmung der Fassade über den Austausch der Fenster bis hin zur Erneuerung der Heizungsanlage reichen.
Energieeffizienzklassen im Energieausweis verstehen
Die Energieeffizienzklassen dienen dazu, den Energiebedarf oder -verbrauch eines Gebäudes auf einen Blick einzuordnen. Sie reichen von A+ (sehr gut) bis H (sehr schlecht) und werden durch eine farbige Skala visualisiert, die vom grünen Bereich bis zum roten Bereich reicht.
Jede Klasse entspricht einem bestimmten Bereich des Energiebedarfs oder -verbrauchs in kWh/(m²·a). Die genaue Zuordnung kann leicht variieren, folgt aber im Wesentlichen diesem Schema:
Effizienzklasse | Endenergiebedarf in kWh/(m²·a) | Bewertung |
---|---|---|
A+ | < 30 | Sehr effizient |
A | 30 – 50 | Sehr gut |
B | 50 – 75 | Gut |
C | 75 – 100 | Befriedigend |
D | 100 – 130 | Ausreichend |
E | 130 – 160 | Mangelhaft |
F | 160 – 200 | Ungenügend |
G | 200 – 250 | Sehr ungenügend |
H | > 250 | Extrem schlecht |
Die meisten älteren, unsanierten Gebäude liegen im Bereich E bis H, während moderne Neubauten die Klassen A bis C erreichen sollten.
Die Bedeutung der Energieeffizienzklasse
Die Energieeffizienzklasse ist nicht nur ein buntes Bild im Energieausweis – sie hat handfeste Auswirkungen auf den Wert einer Immobilie und die laufenden Kosten.
Ein Gebäude mit einer schlechten Energieeffizienzklasse (F-H) verursacht deutlich höhere Heizkosten als ein energieeffizientes Gebäude im grünen Bereich (A-C). Bei steigenden Energiepreisen wird dieser Unterschied immer bedeutsamer.
Zudem beeinflusst die Energieeffizienzklasse zunehmend den Immobilienpreis. Studien zeigen, dass energieeffiziente Gebäude höhere Verkaufspreise und Mieten erzielen können. Ein Unterschied von zwei Effizienzklassen kann bis zu 10% Preisunterschied ausmachen!
Die Energieeffizienzklasse gibt potenzielle Mieter oder Käufer auch einen ersten Eindruck von möglichen anstehenden Sanierungskosten. Eine schlechte Klasse deutet auf Handlungsbedarf hin, während eine gute Klasse Sicherheit bietet.
Nicht zuletzt spielt die Energieeffizienzklasse eine Rolle bei der Vergabe von Fördermitteln und Krediten. Die KfW und andere Förderinstitutionen orientieren sich an den Effizienzklassen, wenn sie Zuschüsse oder günstige Darlehen für energetische Sanierungen vergeben.
Einordnung des Wohngebäudes in Effizienzklassen
Die Einordnung eines Wohngebäudes in die Energieeffizienzklassen erfolgt anhand des berechneten Endenergiebedarfs oder des ermittelten Energieverbrauchs in Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr.
Ein typisches unsaniertes Einfamilienhaus aus den 1960er Jahren liegt oft im Bereich von 200-300 kWh/(m²·a), was den Klassen G oder H entspricht. Nach einer umfassenden energetischen Sanierung kann dasselbe Haus auf 80-100 kWh/(m²·a) (Klasse C-D) kommen.
Ein nach aktuellen Standards errichteter Neubau erreicht in der Regel mindestens die Klasse B (50-75 kWh/(m²·a)), ein Passivhaus sogar Klasse A oder A+ (unter 50 kWh/(m²·a)).
Bei der Einordnung ist zu beachten, dass die Effizienzklassen für Wohngebäude anders definiert sind als für Nichtwohngebäude, da bei letzteren andere Nutzungsanforderungen bestehen.
Um Ihr Gebäude korrekt einzuordnen, sollten Sie einen qualifizierten Energieberater hinzuziehen. Er kann nicht nur die aktuelle Klasse bestimmen, sondern auch aufzeigen, welche Maßnahmen nötig wären, um eine bessere Klasse zu erreichen.
Gesetzliche Pflicht zum Energieausweis
Seit 2009 ist der Energieausweis für Gebäude in Deutschland gesetzlich vorgeschrieben. Die gesetzliche Grundlage bildet zunächst die Energieeinsparverordnung (EnEV) und seit 2020 das Gebäudeenergiegesetz (GEG).
Die Pflicht betrifft sowohl Neubauten als auch Bestandsgebäude beim Verkauf oder Vermietung. Wer eine Immobilie verkaufen oder vermieten möchte, muss potenziellen Käufern oder Mietern spätestens bei der Besichtigung einen Energieausweis vorlegen oder aushändigen.
Auch in Immobilienanzeigen müssen seit 2014 bestimmte Energiekennwerte angegeben werden, darunter die Art des Energieausweises (Verbrauchs- oder Bedarfsausweis), der Energieverbrauchskennwert, der primäre Energieträger und das Baujahr des Gebäudes.
Die Nichteinhaltung dieser Vorschriften kann mit Bußgeldern von bis zu 15.000 Euro geahndet werden – ein Risiko, das kein Immobilienbesitzer eingehen sollte.
Wann ist ein Energieausweis erforderlich?
Ein Energieausweis ist in folgenden Fällen erforderlich:
- Bei Neubau eines Gebäudes
- Bei Verkauf einer Immobilie
- Bei Vermietung oder Verpachtung
- Bei umfangreichen Sanierungen, die mehr als 10% der Gebäudehülle betreffen
- Bei öffentlichen Gebäuden mit mehr als 250 m² Nutzfläche (hier muss der Ausweis sogar ausgehängt werden)
- Bei Werbeanzeigen für Immobilien müssen bestimmte Energiekennwerte angegeben werden
Ausnahmen gelten für:
- Denkmalgeschützte Gebäude
- Kleine Gebäude mit weniger als 50 m² Nutzfläche
- Gebäude, die nur gelegentlich oder weniger als vier Monate im Jahr genutzt werden
- Gebäude mit religiösen Zwecken
Der Energieausweis ist 10 Jahre gültig. Nach Ablauf dieser Frist oder bei umfassenden energetischen Änderungen am Gebäude muss ein neuer Ausweis erstellt lassen werden.
Bei Nichtwohngebäuden gelten teilweise andere Regeln als bei Wohngebäuden. Hier werden zusätzliche Faktoren wie die Beleuchtung, Kühlung oder gewerblich genutzte Bereiche bei der Berechnung berücksichtigt.
Relevante Gesetze: GEG und EnEV
Das Gebäudeenergiegesetz (GEG) ist seit dem 1. November 2020 in Kraft und hat die Energieeinsparverordnung (EnEV), das Energieeinspargesetz (EnEG) und das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) zusammengeführt.
Das GEG regelt alle energetischen Anforderungen an Neu- und Bestandsbauten unter einem Dach. Es definiert:
- Die Mindestanforderungen an die energetische Qualität von Gebäuden
- Die Pflicht zur Nutzung erneuerbarer Energien bei Neubauten
- Die Verpflichtung zur Erstellung und Verwendung von Energieausweisen
- Die Anforderungen an Heizungs-, Kühl- und Raumlufttechnik
- Die Inspektionspflicht für Klimaanlagen
Die früheren EnEV-Anforderungen wurden weitgehend übernommen, teilweise aber auch modifiziert. So gelten beim Neubau die Anforderungen des sogenannten KfW-Effizienzhaus 75 als Mindeststandard.
Die Energieeinsparverordnung (EnEV) war von 2002 bis 2020 das zentrale Regelwerk für die energetische Bewertung von Gebäuden. Sie wurde mehrfach novelliert und verschärfte mit jeder Novelle die Anforderungen an die Energieeffizienz von Gebäuden.
Bei der Berechnung eines Energieausweises für ältere Gebäude spielt auch die Wärmeschutzverordnung von 1977 noch eine wichtige Rolle, da sie einen wichtigen Einschnitt in den energetischen Anforderungen an Gebäude markiert.
Modernisierung und energetische Sanierung
Eine energetische Sanierung kann den Wert Ihrer Immobilie erheblich steigern und gleichzeitig Ihre Energiekosten senken. Der Energieausweis liefert hier wertvolle Hinweise, welche Maßnahmen am effektivsten sind.
Die meisten älteren Gebäude, die vor 1977 gebaut wurden, haben ein enormes Einsparpotenzial. Nach meiner Erfahrung kann eine umfassende energetische Sanierung den Energieverbrauch um 50-80% reduzieren!
Typische Maßnahmen bei einer energetischen Modernisierung sind:
- Dämmung der Außenwände, des Dachs und der Kellerdecke
- Austausch alter Fenster gegen moderne Wärmeschutzverglasung
- Erneuerung der Heizungsanlage
- Installation einer kontrollierten Wohnraumlüftung mit Wärmerückgewinnung
- Nutzung erneuerbarer Energien wie Solarthermie oder Wärmepumpen
Die Kosten für eine umfassende energetische Sanierung können erheblich sein, amortisieren sich aber durch die Energieeinsparung und Wertsteigerung der Immobilie. Zudem gibt es attraktive Fördermöglichkeiten, beispielsweise über die KfW-Bank oder das BAFA.
Empfehlungen im Energieausweis nutzen
Jeder Energieausweis enthält individuelle Modernisierungsempfehlungen. Diese basieren auf der Analyse des energetischen Zustands des Gebäudes und zeigen auf, welche Maßnahmen besonders wirksam wären.
Die Empfehlungen umfassen in der Regel:
- Beschreibung der Maßnahme
- Geschätzte Kosten
- Mögliche Energieeinsparung
- Amortisationszeit
Diese Empfehlungen zu Modernisierungsmaßnahmen sollten als Orientierung für eine schrittweise energetische Sanierung dienen. Sie helfen, die verfügbaren Mittel gezielt einzusetzen und einen langfristigen Sanierungsplan zu entwickeln.
Besonders wertvoll ist die Priorisierung der Maßnahmen: Einige bringen einen hohen Nutzen bei überschaubaren Kosten, andere sind aufwändiger, aber langfristig lohnend. Ein guter Energieberater erklärt Ihnen die Zusammenhänge und hilft bei der Entscheidung.
Wichtig ist, die Maßnahmen aufeinander abzustimmen. Wird beispielsweise die Heizung erneuert, sollte diese auf den nach einer Dämmung verringerten Wärmebedarf ausgelegt werden.
Heizkosten senken durch energetische Maßnahmen
Wie viel kann man durch energetische Maßnahmen sparen? Diese Frage höre ich täglich. Die Antwort: Es hängt vom Zustand des Gebäudes und den durchgeführten Maßnahmen ab – aber das Potenzial ist oft höher als viele denken.
Beispiele für mögliche Einsparungen:
Maßnahme | Typische Energieeinsparung | CO₂-Einsparung pro Jahr* |
---|---|---|
Dämmung der Außenwände | 15-25% | 1-2 Tonnen |
Dachdämmung | 10-15% | 0,8-1,2 Tonnen |
Neue Fenster (3-fach-Verglasung) | 5-10% | 0,4-0,8 Tonnen |
Moderne Heizungsanlage | 10-30% | 0,8-2,5 Tonnen |
Umstellung auf Wärmepumpe | bis zu 50%** | bis zu 4 Tonnen |
Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung | 5-15% | 0,4-1,2 Tonnen |
*Bei einem Einfamilienhaus mit 150 m² und Gasheizung **Abhängig vom vorherigen Heizsystem und Stromtarif
Die Heizkosten machen bei den meisten Haushalten den größten Teil der Energiekosten aus. Eine Reduzierung des Energieverbrauchs um 50% halbiert entsprechend die Heizrechnung – ein Effekt, der mit steigenden Energiepreisen immer bedeutender wird.
Neben der finanziellen Einsparung verbessert eine energetische Sanierung auch den Wohnkomfort durch wärmere Oberflächen im Winter und kühlere Räume im Sommer. Zudem wird das Risiko von Schimmelbildung reduziert und der Immobilienwert gesteigert.
Bedeutung des Baujahrs und Neubaus
Das Baujahr eines Gebäudes ist ein entscheidender Faktor für seinen energetischen Zustand. Es gibt Aufschluss darüber, welche baulichen Standards und Vorschriften zum Zeitpunkt der Errichtung galten.
Gebäude, die vor 1977 gebaut wurden, hatten in der Regel keine oder nur minimale Wärmedämmung. Die erste Wärmeschutzverordnung von 1977 führte erstmals verbindliche Mindestanforderungen an den Wärmeschutz ein.
Mit jeder weiteren Novellierung der Wärmeschutzverordnung und später der Energieeinsparverordnung wurden die Anforderungen an die Energieeffizienz verschärft. Neubauten, die nach 2016 gebaut wurden, verbrauchen daher oft nur einen Bruchteil der Energie älterer Gebäude.
Die Entwicklung lässt sich grob wie folgt zusammenfassen:
- Vor 1977: Keine verbindlichen Anforderungen an den Wärmeschutz
- 1977-1984: Erste Wärmeschutzverordnung
- 1984-1995: Verschärfte Anforderungen durch die WSchVO 1984
- 1995-2002: Weitere Verschärfung durch die WSchVO 1995
- 2002-2020: Mehrfache Verschärfungen durch die EnEV
- Seit 2020: GEG mit Anforderungen auf dem Niveau eines KfW-Effizienzhauses 75
Ein Neubau muss heute hohe energetische Standards erfüllen. Der Primärenergiebedarf darf einen bestimmten Wert nicht überschreiten, und die Gebäudehülle muss gut gedämmt sein. Zudem besteht die Pflicht, einen Teil der Energie aus erneuerbaren Quellen zu decken.
Bei älteren Gebäuden bietet eine energetische Sanierung die Chance, sie an moderne Standards anzupassen und den Energieverbrauch deutlich zu reduzieren.
Unterschiede zwischen Wohngebäude und Nichtwohngebäude
Bei der energetischen Bewertung und der Erstellung von Energieausweisen gibt es wesentliche Unterschiede zwischen Wohn- und Nichtwohngebäuden.
Wohngebäude werden primär zum Wohnen genutzt und haben relativ einheitliche Nutzungsbedingungen. Bei ihnen steht die Beheizung und Warmwasserbereitung im Vordergrund der energetischen Bewertung.
Nichtwohngebäude hingegen umfassen Büros, Schulen, Krankenhäuser, Gewerbebauten und andere gewerblich genutzte Immobilien. Hier kommen zusätzliche Faktoren ins Spiel:
- Beleuchtung (oft ein erheblicher Energieverbrauchsfaktor)
- Lüftung und Klimatisierung
- Spezielle gewerbliche Anwendungen und Prozesse
- Unterschiedliche Nutzungszeiten und -intensitäten
Die Berechnung des Energiebedarfs bei Nichtwohngebäuden ist daher komplexer und basiert auf der DIN V 18599, die alle gebäudetechnischen Systeme umfassend betrachtet.
Bei gemischt genutzten Gebäuden, die sowohl Wohn- als auch gewerbliche Nutzung aufweisen, gibt es zwei Möglichkeiten:
- Die Erstellung separater Ausweise für den Wohn- und Nichtwohnbereich
- Ein Gesamtausweis nach den Regeln für Nichtwohngebäude, wenn der gewerbliche Anteil überwiegt
Die Anforderungen an die Energieeffizienz sind bei Nichtwohngebäuden teilweise anders definiert als bei Wohngebäuden, da unterschiedliche Nutzungsprofile berücksichtigt werden müssen.
Zusammenfassung und Ausblick
Der Energieausweis ist ein wichtiges Instrument, um den energetischen Zustand eines Gebäudes zu bewerten und Potenziale für Energieeinsparungen aufzuzeigen. Ob Verbrauchs- oder Bedarfsausweis – beide Varianten bieten wertvolle Informationen für Eigentümer, Käufer und Mieter.
Die Berechnung des Energieausweises folgt standardisierten Verfahren nach dem Gebäudeenergiegesetz. Dabei spielen Faktoren wie Baujahr, Wärmeschutz, Heizungstechnik und Nutzungsart eine entscheidende Rolle.
Die Energieeffizienzklassen von A+ bis H ermöglichen eine schnelle Einordnung des energetischen Zustands. Sie beeinflussen zunehmend den Wert einer Immobilie und geben Aufschluss über zu erwartende Energiekosten.
Für Gebäudeeigentümer bietet der Energieausweis wertvolle Hinweise für mögliche Modernisierungsmaßnahmen. Diese können die Heizkosten deutlich senken und gleichzeitig den Wohnkomfort und den Immobilienwert steigern.
Angesichts steigender Energiepreise und verschärfter klimapolitischer Ziele wird die Bedeutung der Energieeffizienz von Gebäuden weiter zunehmen. Langfristig streben wir einen klimaneutralen Gebäudebestand an, der ohne fossile Brennstoffe auskommt.
Die zukünftige Entwicklung des Gebäudeenergierechts wird voraussichtlich noch stärkere Anreize für energetische Sanierungen und den Einsatz erneuerbarer Energien setzen. Wer heute in die Energieeffizienz seines Gebäudes investiert, ist für diese Entwicklung gut gerüstet.
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